Frauen: TSG scheitert an sich selbst
„Derbysieger! Derbysieger!“ schallte es unmittelbar nach Abpfiff durch die Hegersporthalle. Nichts hielt die Schönebecker Fans nach dem 29:28 (15:13)-Sieg mehr auf den Plätzen. Die Spielerinnen auf der Platte ließen sich feiern, umarmten ihren Coach Dirk Schedlo und Betreuerin Susi Virkus. Zu diesem Zeitpunkt lag TSG-Torjägerin Kristin Sroka, die die Verantwortung für den letzten Freiwurf übernommen hatte, noch auf dem Boden, betroffene Gesichter auf der Bank, Wut und Ärger.
Dem glücklichen Sieger fiel das Statement naturgemäß leichter. „So ausgeglichen wie das Ergebnis war auch das Spiel“, resümierte Schedlo und hob das hohe Niveau beider Teams hervor. Er schätzte ein, „gewonnen hat heute die etwas diszipliniertere Mannschaft“, und spielte damit den Ball zum TSG-Trainergespann Marina Sroka und Ralf Bertram, die genau das im Vorfeld von ihren Schützlingen gefordert hatten.
Statt Erfahrung und Überlegenheit erlebten die Calbenser Fans einen nervösen Aufbau und unnötig überhastete Abschlüsse. Schönebeck nutzte die Ballverluste clever aus, konnte sich dank Katharina Depta und Lisa Wolf auf 6:2 (10.) absetzen. Mit jedem Treffer wuchs das Selbstvertrauen der Elbestädterinnen, die in der Tabelle mit dem Rücken zur Wand stehen und sich zusehends von diesem Druck befreiten. Antje Schreiber und Lisa-Marie Prokop stellten sieben Minuten später den Anschluss wieder her, doch als die ins Lok-Team zurückgekehrte Josephin Hecker einen Strafwurf vereitelte, war endgültig der Höhepunkt erreicht. Bei jeder gelungenen Aktion jubelte die gesamte Schönebecker Bank, auf TSG-Seite hingegen fehlte diese Motivation völlig, stattdessen regierte schon weit vor der Niederlage Grabesstille.
Die entscheidende Phase folgte unmittelbar nach dem Wechsel. Calbe kam steinstark zurück, agierte in der Abwehr aggressiver, was endlich die geforderten Ballgewinne einbrachte. Alicia Sophie Gröst, Marie Zilke und Kristin Sroka warfen ihr Team schließlich 18:16 (34.) in Führung. „Wir schaffen es aber nicht, das dritte Tor zu machen und scheitern wieder einmal an unserer Ausbeute“, ärgerte sich Marina Sroka. Zweimal binnen einer Minute versemmelte Calbe Konter, warf Hecker den Ball förmlich auf die Hände. Davon irritiert, lahmte auch das Umkehrspiel und Schönebeck übernahm per Siebenmeter wieder die Führung. Überhaupt waren es in den entscheidenden Momenten oft Strafwürfe, die die Lok-Frauen wieder nach vorn brachten. Die Reaktion der Calbenser Fans auf diese Entscheidungen – insgesamt erhielt Schönebeck zehn Siebenmeter zugesprochen, Calbe zwei – war deutlich. Die zehn Minuten nach dem Wechsel waren auch der einzige Kritikpunkt den Schedlo nach dem Spiel fand: „Wir haben es verpasst, dort schon den Deckel drauf zu machen, finden dann aber doch zum Ausgleich zurück.“ Der fällt beim 23:23 (48.), aus dem heraus vier Minuten später das 26:23 für die SG Lok wird. In dieser Phase kann zudem Carolin Schedlo, die über die komplette Spielzeit ausgezeichnet von Marie Zilke bewacht wurde, ihr einziges Feldtor markieren. Der Rest geht im Trubel der letzten Spielminuten, Auszeiten und Ausgleichen unter. Als das Schlusssignal ertönt, hat Schönebeck das eine Tor mehr auf der Anzeige.
Die Lok-Frauen dürfen nach dem Sieg in Calbe weiter auf den Klassenerhalt hoffen, auch wenn das Restprogramm mit dem HC Salzland, Buna Schkopau und dem MSV 90 kein Spaziergang werden wird. Die TSG bestreitet bereits am Donnerstag das nächste Derby und hat sich, auch wenn der Ligaverbleib keine Frage ist, gegen den SV Anhalt Bernburg selbst den Druck aufgebaut. (ttr)
Josephine Suchan – Alicia Sophie Gröst (2), Stefanie Hüls (4), Linda Karlstedt, Lee-Ann Neetz, Lisa-Marie Prokop (5), Sophia Rust (1), Laura Schmidt, Antje Schreiber (5), Kristin Sroka (7/1), Mandy Wenzel, Josephin Wurbs, Marie Zilke (4)
Siebenmeter: Calbe 2/1 – Schönebeck 10/8
Zeitstrafen: Calbe 4 – Schönebeck 2
Dieser Artikel wurde am 21.März 2016 von Tilman Treue veröffentlicht und wurde unter Frauen, Spielberichte abgelegt.