Zum zweiten Mal hat sich der Spieler der TSG Calbe das Kreuzband gerissen
Statt OP und Reha heißt es: Konzentration auf Familie und Arbeit.
Von Enrico Joo
Calbe I Mitten in der sonst so besinnlichen Versammlung hatte René Hulha sein symbolisches Glas erhoben und inne gehalten für eine kleine Rede. Vor einer Woche hatten die Handballer der TSG Calbe aus der Sachsen-Anhalt-Liga ihre Weihnachtsfeier abgehalten. Und der Rückraumspieler der Saalestädter hatte die Gelegenheit genutzt, um zu erklären, was vielleicht viele schon geahnt hatten. Handball und Hulha, das sind zwei verschiedene paar Schuhe, die in Zukunft erst einmal getrennte Wege gehen. Die treue Seele, die nie woanders gespielt hat, wird in Zukunft nicht mehr auf der Platte stehen. Weil das Knie nicht mehr mitmacht.
Rückblende: Vor vier Wochen wollte sich der 29-Jährige im Training aus einem Zweikampf herausdrehen. Da verspürte Hulha einen Schmerz im rechten Knie. Dort, wo er sich 2016 schon einmal das vordere Kreuzband gerissen hatte. „Es hatte sich komisch angefühlt, aber da hatte ich noch ein gutes Gefühl“, sagt Hulha. Die Schmerzen waren nicht so arg.
Als der Calbenser aber vor zwei Wochen das Ergebnis des MRT bekommen hatte, waren „die Ohren nach unten gerichtet“. Tatsächlich Kreuzbandriss. Schon wieder. „Im ersten Moment habe ich gedacht: Das kann‘s noch nicht gewesen sein. Das hat genagt.“ Andererseits wusste er auch: „Ich bin nicht mehr der Jüngste.“ Wollte er das wirklich? Sich nach der OP wieder ein Jahr herankämpfen, wieder die ganze Reha über sich ergehen lassen? Wofür? „Die Frage war: Was mach ich jetzt? Schließlich soll mich das Bein ja auch noch eine Weile tragen.“
Mehr Zeit für Familie
Er besprach sich mit seiner Familie, überlegte, wankte, bis er den Entschluss fasste, den Handball erst einmal aus den Händen zu legen. Es war eine Entscheidung des Kopfes. Eine Entscheidung der Vernunft, kein weiteres Risiko einzugehen. Es wird erst einmal keine OP geben. René Hulha wird der TSG Calbe als Handballer vorerst nicht mehr zur Verfügung stehen. Dadurch hat „Easy“, wie er an der Saale nur genannt wird, aber auch doppeltes Glück im Unglück. Denn am 25. September war Hulha das zweite Mal Vater geworden. Pepe braucht seinen Papa. Und der Papa hat jetzt mehr Zeit für Pepe. Und dann ist da ja noch seine Weiterbildung. Hulha macht gerade seinen KFZ-Meister. „Das Lernpensum ist nicht ohne“, sagt Hulha. Auch dafür hat der 29-Jährige nun plötzlich viel mehr Zeit.
Trotzdem stehen in Calbe selbstverständlich alle Türen offen. „Er kann sich jeder Zeit melden“, erzählt Trainer Andreas Wiese. „Wir wollen ihn in Calbe halten.“ Schließlich weiß Wiese selbst, wie sich ein frühes Karriereende so anfühlt. Er selbst hängte seine Karriere wegen anhaltender Rückenprobleme mit 31 Jahren an den Nagel. Und wer weiß: Vielleicht ist bei Hulha noch nicht alles vorbei. Ende 2018 will er entscheiden, ob er sein Kreuzband operieren lässt und damit auch, ob er es noch einmal probiert mit dem Handball.
Aber auch so wird er der TSG treu bleiben. „Ich möchte ihn auf der Bank sehen“, so Wiese. „Ich werde die Mannschaft an der Seitenlinie unterstützen“, bestätigt Hulha. Als Betreuer soll er mit seiner reichhaltigen Erfahrung dafür sorgen, die vielen Jung- spunde in richtige Bahnen zu lenken. Vielleicht ist auch irgendwann einmal ein Trainerposten im Nachwuchs-Handball frei? „Darüber habe ich noch nicht nachgedacht“, sagt Hulha. Später könnte das aber eine Option sein.
Im Moment gilt aber: „Familie und Arbeit geht vor. Es gibt Wichtigeres im Leben als Handball.“ René Hulha hat schon lange seine Prioritäten im Leben gefunden.
Quelle Volksstimme vom 15.12.2017
Dieser Artikel wurde am 15.Dezember 2017 von Dorle Hädecke veröffentlicht und wurde unter Aktuell abgelegt. (aktualisiert: 19.Dezember 2017)