„Wollen alle Register ziehen“ Handball- Saisonabbruch kritisch bewertet
Handball: Saisonabbruch kritisch bewertet
Ein Monat ist inzwischen vergangen, seit der Handballverband Sachsen-Anhalt (HVSA) mit der Spielzeit 2020/21 die zweite Saison in Folge abgebrochen hat. In den Reihen der Vereine stößt diese Entscheidung nicht überall auf Gegenliebe.
Von Michael Jacobs und Tobias Zschäpe
Calbe/Staßfurt • So hätten sich beispielsweise die beiden Sachsen-Anhalt-Liga-Topteams der TSG Calbe und des HV Rot-Weiss Staßfurt eine andere Entscheidung gewünscht. Vor allem die Staßfurter, mit großen Oberliga-Aufstiegsambitionen ausgestattet, hoffen noch auf ein Umdenken. Deshalb haben sie eine schriftliche Stellungnahme an den HVSA verfasst. Deren Ziel ist ein Überdenken der Aufstiegsregelung.
Sportlich brauchen sich die Bodestädter in dieser Spielzeit nichts vorwerfen zu lassen. Drei Spiele, drei Siege lautete die makellose Bilanz der Staßfurter Handballer um das Trainerteam Sebastian Retting und Sebastian Scholz. „Nach einer intensiven Vorbereitung haben wir auch zum Saisonauftakt Leistung gebracht und unsere Sache gut gemacht“, hält Retting fest. Das Ziel – der Aufstieg in die Mitteldeutsche Oberliga – schien keinesfalls utopisch. Und dennoch stehen die Spieler und Verantwortlichen bei RWS wohl das dritte Jahr in Folge mit leeren Händen da.
Der frühzeitige Abbruch der Saison 2020/21 durch das HVSA-Präsidium ohne Aufsteiger in die Spielklassen des Mitteldeutschen Handball- Verbandes machte alle Hoffnungen zunichte. Oder doch nicht? Bei den Rot-Weissen hofft man noch auf ein Umdenken beim HVSA. „Die Entscheidung wurde beim Verband ohne Rücksprache mit den Vereinen getroffen. Dort weiß man wahrscheinlich gar nicht, wer überhaupt aufsteigen will. Das wurde beispielsweise im Fußball besser gelöst“, hält RWS-Präsident Patrick Schliwa fest.
Anders als im vergangenen Jahr will der Verein die Entscheidung diesmal nicht einfach hinnehmen. „Letzte Saison gab es einen Aufsteiger und zum Teil waren wir auch selbst daran schuld, dass es nicht der HV Rot-Weiss war, weil wir beim Abbruch einen Punkt hinter Wittenberg standen. Das war sportlich noch zu vertreten“, so Schliwa, für den der Abbruch im Februar vor allem eins war: voreilig. „Dass man die Saison 2020/21 nicht regulär zu Ende spielen kann, steht außer Frage. Aber wir haben bis Juli Zeit, bevor die neue Spielzeit frühestens anfangen wird. Da wären sicher Aufstiegsspiele möglich gewesen.“ Notfalls auch ohne Zuschauer.“ Die Anzahl der aufstiegswilligen Vereine aus der Sachsen-, Sachsen-Anhalt- und Thüringenliga hält Staßfurt Trainer Sebastian Retting ohnehin für überschaubar. „Neben Spergau und eventuell Calbe sprechen wir vor allem über den SV Hermsdorf, welcher ebenfalls mit Ambitionen auf die Mitteldeutsche Oberliga gestartet ist“, so der Übungsleiter. Aus Sachsen würde potenziell ein weiterer Kandidat hinzukommen. Die Aufstiegsrunde wäre somit überschaubar und in einem kurzen Zeitraum zu absolvieren gewesen.
Doch dazu wird es nicht kommen, wenn die Entscheidung des Handball-Landesverbandes vom 17. Februar bestehen bleibt. Für Staßfurt wäre das ein „wirtschaftliches und sportliches Desaster“, wie der Verein in seiner Stellungnahme erklärt.
TSG Calbe will so schnell wie möglich wieder spielen
In den Reihen der TSG Calbe, die sportlich ebenfalls hervorragend in die Saison gestartet war, hat man Verständnis für die Situation beim Ligarivalen. „Ich kann Patrick Schliwa absolut verstehen. Ich weiß aus unseren eigenen Erfahrungen, was dahinter steckt, in der Oberliga zu spielen. Deshalb kann ich mir vorstellen, welcher Aufwand dort getrieben wurde“, sagt Gunnar Lehmann, Abteilungsleiter der Calbenser.

Auf einen spannenden Kampf um die Meisterschaft zwischen der TSG Calbe (Maximilian Held/Mitte) und dem HV Rot-Weiss Staßfurt hatten sich viele Handball-Fans im Salzlandkreis gefreut. Doch dazu wird es wohl nicht kommen. Foto: Michael Jacobs
Zum Thema Saisonabbruch sagt Lehmann indes: „Wir mussten die Entscheidung hinnehmen wie alle anderen Vereine auch. Ich habe im Vorfeld auch damit gerechnet, andere Verbände hatten es ja schon vorgemacht.“ Gänzlich zufrieden ist man in der Saalestadt dennoch nicht: „Uns passt das auch nicht. Ich hätte mir gewünscht, dass die Saison verlängert wird und man zumindest eine einfache Runde hätte zu Ende spielen können. Allein schon, um den Kampf um die Meisterschaft sportlich auszutragen.“
Auch eine Mitgliederbefragung „wäre schön gewesen“, fügt Lehmann an. Dass eine solche Umfrage oder eine Videokonferenz mehrheitlich zu einer anderen Entscheidung geführt hätte, glaubt der TSG- Abteilungsleiter aber nicht. Auch an eine noch kommende Aufstiegsrunde glaubt er nicht. „Dazu bräuchte man mindestens vier, besser sechs Wochen Vorbereitungszeit. Ansonsten wäre die Verletzungsgefahr für die Spieler nach der langen Pause einfach zu groß. Teilnehmen würden wir an einer Aufstiegsrunde aber auf jeden Fall. Allein schon um uns der sportlichen Herausforderung zu stellen“, unterstreicht Lehmann.
Doch egal ob es dazu kommt oder nicht, in Calbe ist man bestrebt, so schnell wie möglich wieder zu spielen: „Sobald es wieder möglich ist, werden wir diesbezüglich alle Register ziehen. Egal ob Beach-Handball, Turniere in der Hegerhalle oder auch den Saale-Cup im August, wir versuchen so viel wie möglich zu organisieren.“
Quelle Volksstimme 20.03.2021
Dieser Artikel wurde am 20.März 2021 von Dorle Hädecke veröffentlicht und wurde unter Aktuell abgelegt. (aktualisiert: 20.März 2021)