4. April 2017

Schmerzhafter Lernprozess

Die TSG Calbe verspielt in der Sachsen-Anhalt-Liga auswärts beim 20:20 bei Post SV Magdeburg eine Sechs-Tore-Führung in der 51. Minute.

Von Enrico Joo

Magdeburg l Christoph Borzucki saß auf dem Parkett direkt neben dem Tor und war für den Moment der einsamste und unglücklichste Mensch der Welt. Die Knie hatte der Rückraumspieler der TSG Calbe angezogen, die Hände an den Kopf gelegt. Gerade war das Auswärtsspiel der Handballer aus der Sachsen-Anhalt-Liga am Sonnabend beim Post SV Magdeburg abgepfiffen worden. 20:20 ging das Spiel aus.

Bezeichnend: Die Calbenser hatten eine 20:14-Führung in der 51. Minute fünf Sekunden vor dem Ende noch weggeworfen. Da traf Matthias Dehnhardt zum freilich bei den Gastgebern viel umjubelten Ausgleichstreffer in fast letzter Sekunde.

Es gab einige kleine Schlüsselmomente, die als Erklärung für die spektakuläre Aufholjagd der Magdeburger herhalten mussten. Da waren zum Beispiel die Unachtsamkeiten von Ronny Krause. „Er hatte leider drei Abspielfehler, daraus führten drei Konter zu Toren“, sagte Calbes Trainer Andreas Wiese. Doch dass Post überhaupt noch einmal zu einem allerletzten Angriff kam, lag auch an der fehlgeschlagenen Angriffssituation der TSG eine Minute vor dem Ende beim Stand von 20:19 für Calbe. Borzucki probierte da den gewagten Pass auf Maximilian Weiß. Der kam aber nicht an. Statt 21:19 hieß es 20:20. „Das war die entscheidende Szene“, so Wiese.

Wiese wird Borzucki nicht den „Kopf abreißen“, wie er selbst kurz nach dem Spiel sagte. Fehler passieren. Aber es zeigte sich erneut: Die TSG Calbe ist eine sehr junge Mannschaft, die noch viel Erfahrung in solchen heißen Momenten in der Schlussphase braucht.

Es fehlte die nötige Cleverness, die Gelassenheit, solche Spiele einfach nach Hause zu schaukeln. „Das war wie in Spergau“, erzählte Wiese. „Wir haben Angst, Entscheidungen zu treffen und werfen den Ball weg. So etwas kannst du auch nicht trainieren. Das kann ich den Jungs nicht abnehmen.“ Es braucht einfach Zeit. Viel Zeit.

Dabei hatte Calbe in Magdeburg fast die ganze Zeit ein prima Spiel abgeliefert. Die taktischen Vorgaben wurden perfekt umgesetzt. „Alles war gut. Auch in der Deckung“, meinte Wiese. Schließlich hatte Calbe auswärts nur 20 Tore bekommen. Nach einer nervösen Anfangsphase, in der die TSG 2:4 hinten lag (7.), gingen die Gastgeber durch Nils Rätzel in der 12. Minute beim 6:5 erstmals in Führung. 12:8 stand es zur Pause, später dann 16:10 (36.), 19:13 (48.) und eben 20:14 (51.). Vor allem die Deckungsarbeit funktionierte. In einer offensiven 5:1-Deckung mit Marius Schwarz auf Spitze stellte die TSG Calbe gut die Passwege der Magdeburger zu, zwang den Gegner immer wieder zu schwierigen Würfen und zu Ballverlusten, die der Gast in schnelle Gegenstöße umwandelte. Stefan Wiederhold im Kasten zeigte zudem ein überragendes Spiel. Nachdem er in der 52. Minute einen Siebenmeter hielt, hob Coach Wiese schon den Daumen. Auch er glaubte nicht, dass das noch in die Binsen gehen kann.

Ein bitteres Remis in letzter Sekunde kassierten die Handballer der TSG Calbe um Steve Ilgenstein (r.) auswärts beim Post SV Magdeburg. Foto: Enrico Joo

Ein bitteres Remis in letzter Sekunde kassierten die Handballer der TSG Calbe um Steve Ilgenstein (r.) auswärts beim Post SV Magdeburg. Foto: Enrico Joo

Doch dann traf das ein, wovor Wiese im Vorfeld gewarnt hatte. „Post kämpft bis zum Schluss“, hatte er vor dem Spiel gesagt. Und angepeitscht von den Fans fand der Post SV zurück in das Spiel, weil den Calbensern keine Tore mehr aus dem Positionsangriff gelangen. Die Magdeburger hatten nun auf eine offensive Abwehr umgestellt, die die TSG vor Probleme stellte. Nun tat sich Calbe schwer damit, das Spielgerät in die Tiefe zu bekommen und produzierte Ballverluste. „Das waren individuelle Fehler“, so Wiese. „Das ist ärgerlich.“

Aber aus Fehlern kann man lernen. Wie war das noch? Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Klar ist: Diese Fehler in der Schlussphase werden die Calbenser nicht wiederholen. Neues Spiel, neue Chance, neues Glück. Nicht nur für Christoph Borzucki.

Calbe: Wiederhold, Bertram, Krautwald – Krause (4), Hulha, Lück (1), Rätzel (1), Ilgenstein (1), Schwarz (5), Borzucki (1), Weiß (7), Kralik

Siebenmeter: Post 6/5 – Calbe 2/1; Zeitstrafen: Post 8 – Calbe 5

 

Quelle  Volksstimme vom 04.04.2017

Dieser Artikel wurde am 04.April 2017 von Dorle Hädecke veröffentlicht und wurde unter Männer, Spielberichte abgelegt.


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