Die Zukunft gehört der TSG Calbe
Warum das Hinrundenfazit so gut ausfällt
Neun Siege und ein Remis aus 14 Spielen sind eine ordentliche Bilanz für die TSG Calbe. Doch die Mannschaft kann mehr. Dass die TSG oft nicht am Leistungslimit spielte, lag aber auch an Personalproblemen.
Von Enrico Joo Calbe •
Bob der Baumeister ist eine seit 1998 laufende animierte Kinderserie, in der der Bauarbeiter Bob, mit gelben Helm und blauer Latzhose bekleidet, sich mit seinen Freunden verschiedenen Konflikten stellen muss. Die zweifelnde Frage: „Können wir das schaffen?“ beantwortet der Chor immer mit: „Jo, wir schaffen das.“
So viel positive Energie musste auch Andreas Wiese bei den Handballern der TSG Calbe immer wieder vermitteln. Denn in gewissem Sinne war der Trainer bei den Saalestädtern in der Hinrunde auch als BaumeisÂter gefragt. „Wir hatten leider immer wieder Probleme mit Verletzten“, sagt er. Fragt man den Trainer also nach einem Hinrunden-Fazit, muss dieser erklärende Einschub immer wieder gestattet sein. Natürlich ist der fünfte Platz nicht das, was sich die Calbenser vor der Saison zum Ziel gesetzt hatten. Natürlich gab es viel zu viele knappe Spiele gegen vermeintlich schwachere Teams. Und doch holten Wiese und sein Team oft das Beste aus den gegebenen Möglichkeiten heraus. Weil die Verletztenliste fast perÂmanent sehr lang war. Läuft alles gut, ist vielleicht ein Medaillenplatz in der starken Liga möglich. Das ist weiterhin die Zielstellung.
Trotzdem hat sich der Coach spielerisch manchmal mehr erhofft. Trotz aller negativen Vorzeichen. Spiele wie die krachende 25:32-Niederlage am 23. September gegen den SV Oebisfelde dürfen einem ambitionierten Team wie Calbe nicht passieren. „Das war für mich ein Knackpunkt“, sagt Wiese. Vielleicht war es das schwächste Spiel der bisherigen Saison. Allerdings traf Calbe da auch auf die für Wiese „spielstärkste Mannschaft“.
Aber nach wie vor gilt auch: Ergebnisse sind nicht alles. Die TSG Calbe hat seit Jahren eine hervorragende Talentschmiede. Die aktuelle Mannschaft ist gespickt mit Jungspunden aus dem eigenen Nachwuchs. Diese auf lange Sicht in den Kader zu integrieren, ist auch Teil der Aufgabe von Andreas Wiese. Spieler wie Marius Schwarz oder Christoph Borzucki sind erst 20 Jahre alt. Florian Lück ist erst 19. Und doch sind diese drei fester Bestandteil des Kaders in der Sachsen- Anhalt-Liga. Eine Startsieben ohne Schwarz zum Beispiel ist gar nicht mehr denkbar.
Aber wegen der Personalprobleme gilt: „Die Bengels müssen auf wichtigen Positionen durchspielen“, wie Wiese sagt. Was oft am Leistungspotential zehrt im Haifischbecken Sachsen-Anhalt- Liga. „Es ist schwer, oben mitzuspielen. Das geht nicht von heute auf morgen.“ Der Weg ist aber das Ziel, die Richtung stimmt auch. Und die Zeit ist der beste Freund. Die Zukunft gehört der TSG Calbe.
Und weil Martin Sowa nach seinem zweijahrigen beruflichen Aufenthalt in den USA wieder fester Bestandteil des Kaders ist, gibt es trotzdem wieder Optionen, um in der Rückrunde mehr aus der Mannschaft herauszuholen als den derzeitigen fünften Rang.
Nur eine Achillesferse
Die TSG Calbe überzeugt mit einer ausgeglichenen Mannschaft
Calbe (ejoo) •
Die Handballer der TSG Calbe durchlebten eine durchwachsene Hinserie in der Sachsen-Anhalt-Liga. Es gab viele positive Momente, aber auch einige mentale Einschläge. Was lief gut, was lief schlecht bei den ambitionierten Saalestädtern? Eine Einschätzung nach einzelnen Mannschaftsteilen.
Torhüter:
Wie schon in den vergangenen Jahren sind die Keeper Stefan Wiederhold, Daniel Bertram und Bastian Krautwald der große Rückhalt bei der TSG. „Wir haben die drei besten TorhüÂter in der Liga. Ich habe ein Luxusproblem“, sagt Trainer Andreas Wiese zufrieden. „Sie ergänzen sich gut, auch die Kommunikation stimmt.“ Die Keeper entscheiden zum Beispiel selbst, wann sie im Spiel die Plätze zwischen Bank und Tor tauschen. Was auch für eine gute Chemie zwischen den Schlussmännern spricht. Nur wer im Kasten beginnt, das entscheidet Wiese selbst.
Linksaußen:
MaÂximilian Weiß ist jetzt 22 Jahre, verfügt über den nötigen noch jugendlichen Tatendrang, aber auch schon über die nötige Erfahrung, um in vielen Lagen ein hilfreicher Anker zu sein. Man muss das so sagen: Mit Weiß haben die Calbenser einen überdurchschnittlichen Außenspieler. „Er hat nur ein schlechtes Spiel gemacht“, sagt Wiese. „Er ist zielstrebig und verlässlich, zeigt überragende Leistungen. Manchmal ist er übermotiviert. Aber besser so als, wenn er introvertiert ist.“ Mit Ronny Krause hat die TSG zudem einen echten Arbeiter als Back-up, der „nicht so die Wurfvarianten hat, sich aber in den Dreck haut“.
Rückraum:
Die Achillesferse der TSG. Dabei ist die fehlende Durchschlagskraft noch nicht einmal immer selbst verschuldet. Die Verletztenmisere durchschlug immer wieder die Pläne. Fast die komplette Hinserie fehlte Mathias Walther, auch Krause fiel immer wieder aus. Zum Ende der Hinserie riss sich René Hulha das Kreuzband. „Wir mussten permanent rotieren, dadurch konnte sich keine Stammkonstellation finden“, analysiert Wiese. Einen echten Anführer gab es nicht. „Die Spieler sollten sich mehr trauen, mehr über schnelle Bewegungen kommen.“ Aber: „Das Gute war, dass immer jemand anderes da war, wenn einer ausgefallen ist. Das ist unsere Stärke.“ Die Mannschaft ist der Star. Das galt nicht nur bei der Fußball-Nationalmannschaft unter Berti Vogts, das gilt auch im Rückraum der TSG Calbe.
Rechtsaußen:
Genauso wenig eine Baustelle wie Linksaußen. Der wuselige Marius Schwarz überzeugt mit tollen Finten, technisch sauber eingesprungenen Würfen und einem sicheren Händchen. Auch bei den Tempogegenstößen. „Er ist immer anspielbereit, er spielt eine sehr gute Saison“, lobt Wiese. „Nur an der Technik müssen wir etwas feilen. Da müssen wir mehr Wurfvariabilität hineinkriegen. Daran arbeiten wir derzeit im Training.“ Mit Christoph Borzucki gibt es zudem einen „Rohdiamanten“ in Wartestellung.
Kreis:
Mit dem erfahrenen 29-jährigen Nils Rätzel und dem zehn Jahre jüngeren Florian Lück verfügt Calbe über zwei Kreisläufer mit sicherem Händchen im Getümmel. „Manchmal gibt es wenig Abschlüsse, aber das liegt auch daran, dass die PäsÂse aus dem Rückraum nicht kommen“, sagt Wiese. RätÂzel ist zudem ein Fels in der Abwehr-Brandung, der junge Wilde Lück hat da noch Nachholbedarf. „Er muss noch an der Kraft arbeiten.“ Trotzdem: „Er hat sich enorm entwickelt, gerade die letzten drei Spiele waren stark.“
Dieser Artikel wurde am 03.Januar 2018 von Dorle Hädecke veröffentlicht und wurde unter Männer, Spielberichte abgelegt. (aktualisiert: 04.Januar 2018)